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Dachterrasse als Freilandterrarium

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  • Dachterrasse als Freilandterrarium

    Hallo,

    ich suche einen Rat zur geplanten Freilandhaltung von einheimischen Eidechsen.

    Das Besondere ist, dass der Platz dafür sich auf einer Dachterrasse auf einem Mietshaus inmitten der Stadt Mainz befindet. Die zur Verfügung stehende Fläche ist ca. 16 qm groß. Sie ist geschottert und bislang mit Hauswurz und den üblichen Steingewächsen spärlich bewachsen. In der Ecke der Fläche steht ein Komposter, der für ein regers Insektenvorkommen sorgt.

    Die Terrasse ist nach Südosten ausgerichtet und hat 10-12 Stunden unverschatteten Sonneneinfall. Naturgemäß kann es auf der Terrasse etwas windig sein (sie liegt auf Höhe des 7. Stockwerks), aber die Temperatur auf den sonnenbeschienenen Flächen ist deutlich erhöht.

    Das Gelände soll entsprechend eingerichtt werden, mit einer Trockensteinmauer und Sandlinsen. Gibt es zur Mauer einen Tipp für eine (artgemäße) Bauanleitung?

    Eine weitere Frage: Welche Art ist hier am geeignetsten? Ich tendiere zu Podarcis muralis brongniardii bzw. merremius, weil diese in Rheinland-Pfalz häufig vorkommt. Selbstverständlich kommen nur Nachzuchten mit Herkunftsnachweis in Frage.

    Die Dachterrasse an sich ist absolut abgeschottet. Ein aktives Entweichen der Tiere ist unmöglich. Könnte ich in dem Falle unter Umständen auf eine Terrarienbegrenzung verzichten?

    Vielen Dank für jede Anmerkung.

  • #2
    Hallo Mitok,

    das hört sich erstmal gut an.
    Aber du musst besonnders auf die Temperaturen achten, es müssen definitiv kühle Plätze geschaffen werden.
    Das ist auf einer Dachterrasse im Hochsommer nicht gerade einfach schätze ich...
    Auch würde ich sicherstellen, das Vögel oder Katzen nicht eindringen können.
    Wenn Platz vorhanden, würde ich villeicht eine schöne Brombeerhecke in tiefen Töpfen bzw besser Kübeln mit Steinaufbauten rundherum anplanzen.
    Die gibt ordentlich Schatten, Feuchtigkeit und Schutz, die sind nicht umsonst so beliebt bei Lacerten im Freiland.
    Auch ein bischen Totholz bzw Wurzeln usw kann nichts schaden.
    P.muralis halte ich auch für die beste Art für so ein Vorhaben.
    Nicht so scheu wie andere Arten und doch recht robust für das angestrebte Setting.
    Viel Erfolg!

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    • #3
      Ohne Abdeckung hätte ich bei so einer kleinen Art Bedenken, was Vögel angeht. L. trilineata oder P. lepidus sind dagegen von keiner Elster zu verschleppen.
      Die sind aber natürlich nicht einheimisch

      Viele Grüße

      Ingo
      Kober? Ach der mit den Viechern!




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      • #4
        Danke für die prompten Antworten.

        Bei meinen Recherchen hatte ich den Eindruck, dass doch einige Freilandterrarien für Eidechsen auf Abdeckungen verzichten.
        Und ich hätte vermutet, dass die Mauereidechsen sicher flüchten können, da sie sich ja nicht in einem abgeschlossenen Terrarium befinden, in dem sie irgendwann in die Ecke getrieben werden können. Das habe ich womöglich unterschätzt.

        Ich könnte bei Aufbauten ein Problem mit meiner Vermieterin bekommen. Die macht sich schon Gedanken, ob die Trockenmauer hinabgeweht werden könnte. Die Brombeeren waren ja als Schutz gegen Katzen gemeint, oder? Die spielen definitiv keine Rolle. Seht ihr andere Möglichkeiten, die Tiere vor Vögelübergriffen zu schützen? Etwa durch eine intensivere landschaftliche Gestaltung mit mehr Steinen und Pflanzen?

        Und eine andere Frage hätte ich noch: Wie windempfindlich sind die Tiere? Muss ich einen Windschutz vorsehen?

        Dank und Grüße

        Mitok

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        • #5
          Wiegesagt eine schöne Schiefermauer, mit einer Brombeerhecke+eine Ladung Totholz, das sollte einen guten Schutz geg Vögel sein. Eine Garantie gibt es ohne Komplettschutz natürlich nicht, aber wenn man bedenkt das P.muralis teilweise an völlig denaturierten Weinbergsmauern, fast ohne Schutz, ganz gut über die Runden kommt, so sollte dieses Setup so schlecht nicht sein mMn.
          Lacerta trill. und Timon lepidus halte ich im Gegensatz zu Ingo nicht für ungefährdet geg zb Elstern und Krähen...
          Diese geflügelten Raptoren greifen zum Teil sogar Ratten und andere deutlich wehrhaftere Tiere an!
          Darüber hinaus werden zb die meisten trilleneata kaum über 40-45cm, ebenso weibliche Perlen oftmals nicht über 50cm.
          Einem kapitalem Männchen von 60-70cm rechne ich auch gute Chancen ein, aber man sollte räuberische Predatoren nicht unterschätzen.
          Aber das ist nur meine Sicht der Dinge und man kann das auch durchaus anders sehen...k Problem.

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          • #6
            Ein kurzes Update von mir:

            Ich habe jetzt etwa 5 m lange T-förmige Bruchsteinmauer mit einer Höhe zwischen 30 und 60 cm gesetzt. Der eine Schenkel des "T" umgibt einen künstlichen Hügel an der Hauswand, in dem mehrere Höhlengänge in Holzwerkstoffe und Styropor als potentielle Winterquartiere eingebaut sind. Eventuell mache ich auch noch einen Versuch mit Plastikschläuchen, die ich in Rindenmulch verlege. Ich bin von der Vermutung ausgegangen, dass die Tiere enge Gänge bevorzugen.

            Der andere Teil der Mauer ist freistehend (etwa wie eine Mole) und verläuft so, dass sie im Sommer zwischen 6 und 18 Uhr immer auf einer Seite Sonne bekommt und auf der anderen Seite Schatten wirft.

            Ich habe mich zunächst an den Tipp mit den Brombeeren gehalten, musste aber feststellen, dass diese im Kübel nur sehr langsam wachsen. Deshalb werde ich versuchen, Fressfeinde aus der Luft durch Nylonschnüre fernzuhalten, die in einer Ständerkonstruktion im Abstand von 8 cm parallel gespannt werden. Das scheint sich bei Fischteichen u.ä. offensichtlich ganz gut bewährt zu haben.
            Sollten die Brombeeren sich ausbreiten, könnten die Angelschnüre ja wieder entfernt werden.

            Ansonsten gibt es noch jede Menge Totholz (frei und in Gabionen) und eine angelegte Sandfläche. In die Mauer ist auch ein mit Sand gefüllter Balkonkasten eingearbeitet.

            Es war interessant zu sehen, wie die Zahl der Insekten und Spinnen sprunghaft ansteigt, je mehr Struktur angelegt ist. Versuche, insbesondere Fliegen mit Muschel- und Krabbenschalen anzulocken, waren erfolgreich.

            Insgesamt nimmt die Sache also Formen. Was fehlt noch? Ah ja, die Mauereidechsen. Zu lange sollte ich mit dem Besatz vermutlich nicht warten.

            Hier bin ich noch auf der Suche und für Hinweise dankbar.




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            • #7
              Warte nur ab, die Brombeeren wachsen schon - wenn Erde & Standort passen, mehr als Dir lieb ist! Ansonsten eignet sich Wein auch recht gut. Meiner Erfahrung nach, sind Eidechsen ziemlich gut darin, sich vor Fressfeinden zu verstecken. Gute Mauerritzen sind das A und O.

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              • #8
                Hallo Mitok,
                darf ich dich fragen ob es schon Bilder von deinem Vorhaben gibt, würdest du die hier einstellen?
                Mit freundlichem Gruß
                Klaus

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                • #9
                  Hallo Klaus,

                  freut mich, dass Du nach Bildern fragst. Ich bin gerade dabei, die Anlage umzugestalten, und der Bewuchs ist noch etwas spärlich. An der Wand ranken Sommers eine Jungfernrebe und eine Clematis.

                  Die Anlage ist mit einer Gruppe von 2,8 P. muralis maculiventris besetzt. Sie sind aber generell (seit der zweiten Woche des Besatzes) überraschend scheu und kommen zur Zeit leider auch an sonnigen Tagen nicht aus ihren Winterquartieren.

                  Baulich gesehen ist das größte Problem, dass ich nichts im Boden verankern kann. Die Winterquartiere musste ich also aufsetzen (sie verbergen sich in den Aufbauten). Ich kann nur vermuten, dass sie genutzt werden, denn ich möchte es vermeiden nachzuschauen, um die Tiere nicht in der Ruhe zu stören.
                  Auch die Absperrungen sind ein Problem, insbesondere die Wandanschlüsse derselben. Es ist wirklich unglaublich, welche Energie die Tiere aufbringen, um Schlupflöcher zu finden. Neulich habe ich beobachtet, wie ein Tier sich mit großem Kraftaufwand in die Dämmung hinter den grauen Trespa-Wandplatten gedrückt hat. Ich konnte an der Stelle hinterher noch nicht einmal ein Loch erkennen.

                  In der Regel weiß ich nicht, wo die Tiere sich befinden, oder wie viele noch am Leben sind. Eine komplett andere Situation, als wenn man sie in einem geräumigen Terrarium halten würde. Das war mir ehrlich gesagt vorher nicht bewusst, erscheint mir aber im Nachhinein als eine logische Konsequenz davon, dass es unendlich viele Versteckmöglichkeiten gibt (und übrigens auch Gefahrenzonen).

                  Kurz gesagt: Sie machen, was sie wollen, und sie begegnen mir auch nur, wenn sie wollen. In einigen Situationen ließen sich einzelne Tiere durch Mehlwürmer korrumpieren. Normalerweise füttere ich allerdings nicht zu, denn an Nahrung mangelt es nicht.

                  Die Angelschnur soll einen Schutz vor Fressfeinden bieten, insbesondere Turmfalken. Ob es jemals einen Angriffsversuch gab, kann ich nicht sagen. Möglicherweise gibt es sie (vielleicht eher durch Rabenkrähen und Elstern) und tragen dazu bei, dass die Mauereidechsen anschließend noch scheuer sind als vorher.

                  Es ist meine erste Erfahrung mit der Haltung dieser Tiere. Momentan blicke ich mit Bangen dem Frühjahr entgegen und hoffe, dass mir wenigstens ein Männchen erhalten bleibt. Aber insgesamt ist es eine tolle Erfahrung, und die Tatsache, dass die Tiere mich aufsuchen, nicht andersherum, hat auch einen großen Reiz.


                  Freundliche Grüße

                  mitok







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                  • #10
                    Nach 20 Monaten ein kleines Zwischenresümee.

                    Gehege:
                    Nach einigen Ausbruchsversuchen zu Beginn wurde das Gehege dreiseitig mit 60cm Makrolonscheiben eingehaust. Die vierte Begrenzungsseite besteht aus der vorhandenen Wand mit Eternit-Beplankung. Die Tiere nutzen auch kleinste (für das menschliche Auge nicht erkennbare) Ritzen, um sich hinter die Eternitplatten zu drücken.

                    Fazit: Auf Anschlüsse zu bestehenden Bauteilen möglichst verzichten, beim nächsten Mal komplett einhausen.

                    Fressfeinde:
                    Die anfänglichen Bedenken erwiesen sich als unbegründet. Die Nylonschnüre habe ich mittlerweile wieder entfernt und es gab nie Verluste. Lediglich einmal fand ich einen Schlüpfling mit frisch abgeworfenen Schwanz außerhalb des Geheges (im benachbarten Komposter) und vermute, dass eine Amsel ihn im Schnabel hatte.

                    Ernährung:
                    Zufüttern ist nicht notwendig, auch aufgrund des nahen Komposters sind Fliegen, Bienen, Spinnen und Wespen in Fülle vorhanden. Wasser muss natürlich jeden Tag gegeben werden.

                    Hitze:
                    Ist offensichtlich kein Problem, es gibt auch im Hochsommer genug schattige und auch kühle Plätze.

                    Überwinterung:
                    Meine angelegten Winterbunker wurden bislang nicht angenommen, stattdessen vergruben sich die Tiere offensichtlich in einem künstlichen Hügel (100x50x50) aus Lehm-Sand-Gemisch. Im Winter 2020/21 gab es Verluste, den Winter 2021/22 hat die Gruppe (2,5,2) komplett überstanden. Ich habe das Konzept des (oberirdischen) Bunkers noch einmal verändert, so dass es sich jetzt um eine lockere Mischung aus Zweigen, Laub, Styroporstücken und Sand handelt, in die sich die Tiere eingraben können. Dieser Bunker ist frostsicher, sagt mir der eingebaute Temperaturfühler. Ich hoffe, dass er auch angenommen wird. In jedem Fall werde ich eine Kerngruppe herausfangen und im Kühlschrank überwintern.

                    Schlüpflinge:
                    Nachdem ich im ersten Jahr überhaupt keinen Nachwuchs auffinden konnte, bestand die Aufgabe im zweiten Jahr, die zahlreichen Schlüpflinge zu finden und rechtzeitig herauszufischen. Die Eiablegestellen habe ich nicht identifizieren können, aber die Schlüpfquote scheint recht hoch zu sein. Die ersten 14 Tage halte ich sie in einem sterilen Becken in der Wohnung, dann kommen sie in einem Exoterra (50x50x50), das in der Mitte des Geheges steht. Die Fütterung erfolgt mit Blattläusen und mit Fruchtfliegen, die über ausgelegtes Obst angelockt werden.

                    Aufzucht:
                    Es bedurfte einiger Erfahrung, das Exoterra und auch das Gehege ausbruchssicher zu machen. Jungtiere sind, was das angeht, fast wie eine andere Tierart zu behandeln, habe ich festgestellt. So sind junge Mauereidechsen in der Lage, an senkrechten Plastikscheiben empor zu kriechen, zumindest, wenn diese leicht feucht sind. Im Bereich der Jungtiere sollte man auf keinen Fall irgendeine Art von Klebeband verwenden, da die Jungtiere auch an kleinsten überstehenden Klebeflächen haften bleiben und verenden können. Für die Fütterung siebe ich Kompost aus, in dem dann Kleinsttiere enthalten sind. Im Gegensatz zu den Adulten ernähren sich die Jungtiere begeistert von kleinen Kellerasseln. Das macht es einfacher und klappt gut.

                    Vergesellschaftung:
                    Der einzige Wermutstropfen. Mein Versuch, eine Gruppe von Jungtieren, die ich warm durch den Winter gebracht hatte, zu der bestehenden Gruppe zu setzen, endete als Fiasko. Ich konnte lediglich zwei Jungtiere retten, der Rest wurde innerhalb von zwei Tagen gejagt und getötet. Vorher hatte ich einen Test gemacht und 2 Jungtiere im letzten Herbst ausgesetzt, die beide geduldet wurden und überwinterten. Jetzt im Frühjahr stellte sich die Situation ganz anders dar, mit intensivem Jagdfieber bei den Adulten. Meine Idee, ein „Mehrgenerationenprojekt“ aufzuziehen, hat dadurch einen herben Rückschlag erlitten. Vermutlich muss ich nicht nur die Schlüpflinge im Exoterra halten, sondern zudem einen Bereich für die Jungtiere abtrennen. Das war nicht mein Plan. Gibt es andere Möglichkeit, im Gehege „Schutzbereiche“ aufzubauen? Ist es vielleicht eine bessere Lösung, Schlüpflinge gar nicht erst herauszufangen? Besteht überhaupt die Aussicht, subadulte Tiere zu der bestehenden Gruppe dazu zu setzen?

                    Die Tiere sind offensichtlich in einer sehr guten Verfassung, sehr aktiv beim Auskundschaften, Jagen, Graben, Vermehren. Zur Zeit sind die Adulten ständig präsent, d.h. ich sehe jeden Tag alle 7 Tiere, was früher anders war. Und das, obwohl ich mich auf der Suche nach überlebenden Jungtiersituation derzeit viel im Gehege bewege.

                    Insgesamt ist seit dem Tag, an dem ich dachte “Wäre doch schön, wenn hier ein paar Eidechsen herumlaufen würden“ sehr viel Unvorhergesehenes passiert. Im Ergebnis ist es eine tolle Erfahrung, und ich versuche ständig, es den Tieren noch etwas besser zu machen. Vielen Dank für die Kommentare hier und insbesondere an Steve für die tolle Unterstützung.

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                    • #11
                      Sehr spannend. Danke für Fotos und Update.

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